Informationen für Betroffene und Angehörige
Neuropsychologische Beeinträchtigungen treten nach Erkrankungen oder Verletzungen des Gehirns auf, oder nach Erkrankungen, die Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Gehirns haben. Im Allgemeinen nennt man das eine erworbene Hirnschädigung.
Erworbene Hirnschädigungen führen zu kognitiven Störungen u.a. in den Bereichen:
- Aufmerksamkeit und Konzentration
- Gedächtnis
- Wahrnehmung
- Sprache
- Räumlich-konstruktive Fähigkeiten
- Planen, Problemlösen und Handeln
Es können auch Störungen des Verhaltens, der Emotionen, des Krankheits- und Störungsverständnisses und der Krankheitsverarbeitung auftreten. Auch können eine erhöhte Erschöpfbarkeit und Veränderungen der Persönlichkeit vorkommen, eine sogenannte Akzentuierung der Persönlichkeit. Diese geistigen, emotionalen oder sozialen Einschränkungen sind, anders als motorische Beeinträchtigungen, den Betroffenen nicht anzusehen. Sie sind “unsichtbar”.
Viele Betroffene sind nach der Entlassung aus dem Krankenhaus oder der stationären Rehaklinik noch lange nicht „austherapiert“, es besteht noch Potential für Verbesserungen. Manchmal wird auch erst zu Hause deutlich, wie groß das Handicap noch ist. Es können Schwierigkeiten bei der Reintegration in den häuslichen Alltag, in zwischenmenschlichen Situationen oder bei der Wiedereingliederung in den Beruf oder in die Schule entstehen.
Die Folgen einer Hirnschädigung für das Leben Betroffener können nur im Kontext der individuellen Lebensgeschichte, der Persönlichkeit und der sozialen und beruflichen Lebenssituation beurteilt werden. „So behindert eine Feinmotorikstörung der linken Hand einen Berufsviolinisten oder eine Büroschreibkraft anders als einen Briefträger. Eine visuelle Wahrnehmungsstörung stellt einen Architekten oder einen Techniker beim Lesen von Bauplänen vor erhebliche Schwierigkeiten. Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen sind nicht vereinbar mit einer Akkordarbeit“ (Fries et al., S.1).
Am Übergang von der Rehaklinik nach Hause in die ambulante Weiterbehandlung sind für viele Betroffene und ihre Angehörigen deutliche Informationsdefizite erkennbar. Es fehlen professionelle Unterstützung, kompetente Informationen und die Orientierung an den individuellen Bedürfnissen und Potentialen. Der Genesungs-, Verarbeitungs- und Anpassungsprozess dauert meist sehr viel länger als die stationäre, neurologische Rehabilitation.
Zur Vorbereitung auf die häufig erst im häuslichen Umfeld erkennbaren Schwierigkeiten wäre ein Reha-Entlassungsgespräch mit Betroffenen und Angehörigen durch eine*n Neuropsycholog*in ratsam. Es sollten detaillierte Nachsorgeempfehlungen besprochen werden. Spätestens aber zu Hause wäre durch die weiterbehandelnde Hausärztin oder den weiterbehandelnden Hausarzt bzw. der*die Neurolog*in die Frage nach alltagsrelevanten Beeinträchtigungen und Veränderungen zu stellen.
Ambulante neuropsychologische Behandlung dient dazu, bislang Erreichtes zu festigen und die eingeleiteten Therapiefortschritte aufzugreifen und fortzuschreiben. Die Genesungs- und Anpassungsprozesse werden zielgerichtet unterstützt, um die Reintegration in den häuslichen und beruflichen Alltag zu fördern. Insbesondere die berufliche oder schulische Wiedereingliederung sollte individuell geplant und professionell durch Neuropsycholog*innen unterstützt und begleitet werden. Ziel der ambulanten neuropsychologischen Therapie ist das bestmögliche Behandlungsergebnis. Das kann auch bedeuten, dass noch Monate oder Jahre nach der Hirnschädigung eine therapeutische Unterstützung nötig ist.