Informationen zur beruflichen Wiedereingliederung 

Die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit wiederherzustellen ist eines der bedeutendsten Ziele der ambulanten Neuropsychologie. Dabei dient die stufenweise Wiedereingliederung im Krankenstand nach dem sog. „Hamburger Modell“ dazu, arbeitsunfähige Arbeitnehmer*innen nach längerer schwerer Krankheit schrittweise schonend, aber kontinuierlich an die Belastungen des Arbeitsplatzes heranführen. Der Übergang zur Berufstätigkeit wird dadurch erleichtert. Arbeitnehmer*innen, die länger als 6 Wochen oder wiederholt arbeitsunfähig gewesen waren, soll so geholfen werden, wieder arbeiten zu können (SGB IX).

Die Vorbereitung und Begleitung der stufenweisen beruflichen Wiedereingliederung bei Menschen mit erworbener Hirnschädigung (MeH) liegen im Kompetenzbereich ambulant tätiger Neuropsycholog*innen. Der Erfolg der Reintegration in den Beruf ist häufig von der Koordination, Kommunikation und Unterstützung des gesamten Umfeldes abhängig. Gespräche mit dem Arbeitgeber und eine Supervision des Arbeitsversuchs werden durchgeführt, sofern der/die Betroffene dies wünscht.

Es bedarf einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und wiederholten, regelmäßigen Abstimmung zwischen de*m Betroffenen, de*r Neuropsycholog*in, den behandelnden Ärzt*innen, de*r Arbeitgeber*in, ggf. der Arbeitnehmervertretung, der Schwerbehindertenvertretung, de*r Betriebs*ärztin und dem Kostenträger. Der*die Neuropsycholog*in managt gemeinsam mit de*r Ärzt*in diesen langen, individuell zugeschnittenen Prozess. Die teilhabeorientierte Nachsorge bei MeH, insbesondere bei der stufenweisen beruflichen Wiedereingliederung, bedarf einer individuellen Vorgehensweise und intensiver, langfristiger Unterstützung. Eine standardisierte Betrachtungsweise ist nicht möglich. Die Individualität de*r Betroffenen, private Rahmenbedingungen und die Rahmenbedingungen des Arbeitsplatzes und de*r Arbeitgeber*in müssen bei der Zielsetzung, beim Ablauf und der Anpassung des Arbeitsplatzes berücksichtigt werden.

Hausärzt*innen und niedergelassene Neurolog*innen können eine derartige regelmäßige, häufige (wöchentlich bis mehrmals wöchentlich) und langfristige Unterstützung in der Regel nicht leisten. Ambulant tätige Neuropsycholog*innen, sofern es diese in der Region gibt, schon. Durch „die gänzlich anderen Herausforderungen an MeH bei der beruflichen Wiedereingliederung im Vergleich zu Menschen mit schweren Erkrankungen ohne Kopfbeteiligung [ist] sowohl inhaltlich als auch zeitlich ein anderes Prozedere für eine erfolgreiche berufliche Wiedereingliederung vonnöten und ein neurokompetentes Management unabdingbar“ (Schock, et. al. 2018).

Bei der Rückkehr in den Beruf kann auch das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), das vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist (SGB IX), sehr unterstützend und hilfreich sein. Dieses BEM ist von der Arbeitgeber*in dem oder der Mitarbeiter*in anzubieten. Bei diesem Vorgehen profitieren sowohl die Erkrankten als auch der/die Arbeitgeber*innen, da Schwierigkeiten frühzeitig angesprochen und beseitigt werden können, die berufliche Leistungsfähigkeit und  Kompetenz erprobt und langsam gesteigert oder der Arbeitsplatz angepasst werden kann, um das Beschäftigungsverhältnis möglichst langfristig fortzusetzen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner „Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie” die Notwendigkeit der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Beteiligten und die Individualität des Prozesses betont.